Erweiterung der Bauchschlagader (Bauchaortenaneurysma)
Die Arteriosklerose führt im Regelfall zur Verengung einer Schlagader bis hin zum Verschluss. In bestimmten Fällen und Regionen kann sie aber auch zur abnormen Gefäßerweiterung (Aneurysma) führen. Dabei degeneriert der Bindegewebemantel der Schlagader und der lokale Blutstrom treibt das normal röhrenförmige Blutgefäß sackförmig auf. Solche Aneurysmen findet man vor allem im Bereich der Hauptschlagader im Bauchraum (Bauchaortenaneurysma), viel seltener in der Hauptschlagader des Brustkorbes und sehr selten im Bereich der Kniekehlen- oder Eingeweidearterien.
Eine Erweiterung der Bauchschlagader ist aus mehreren Gründen sehr gefährlich:
Die Wand der Bauchschlagader wird mit zunehmender Ausdehnung immer dünner und kann plötzlich einreißen und platzen (Spontanruptur). Eine akut lebensbedrohliche Blutung ist die Folge.
Blutgerinnsel, die fast immer im Aneurysma zu finden sind, können in die Beinarterien ausgeschwemmt werden und diese verschließen (akuter Gefäßverschluss).
Krankheitsbild
Wie äußert sich die Erweiterung der Bauchschlagader?
Die Erweiterung der Bauchschlagader macht meist überhaupt keine Beschwerden! Sehr oft wird ein Aortenaneurysma im Rahmen einer aus anderen Gründen durchgeführten Ultraschalluntersuchung oder einer Computertomographie als so genannter Zufallsbefund entdeckt. Gelegentlich klagen Aneurysma-Patienten über Rückenschmerzen, die durch den Druck der sackförmig erweiterten Schlagader auf die Wirbelsäule bedingt sind. Allerdings haben Rückenschmerzen derart oft eine andere Ursache, dass auch diese sogenannten symptomatischen Aneurysmen meist nicht als solche erkannt werden.
Heute werden Vorsorgeuntersuchungen mit Ultraschall im ganzen Land meist unentgeltlich angeboten, diese sind besonders für Raucher über 65 Jahre dringend zu empfehlen. Dennoch werden auch heute noch etwa 25 % aller Erweiterungen der Bauchschlagader erst durch ihr Platzen und die folgende lebensbedrohliche innere Blutung erkannt! Erreicht ein Patient mit einer solchen Spontanruptur lebend das Krankenhaus, so hat er eine knapp 50%ige Chance, durch sofortige Operation und nachfolgende Intensivbehandlung die Ruptur zu überleben.
Aneurysmen können weiters auch ein Ausgangspunkt peripherer Embolien sein. Bei Patienten mit akutem Gefäßverschluss im Becken-/Beinbereich muss daher immer auch an eine Erweiterung der Bauchschlagader als Quelle der in das Bein ausgeschwemmten Blutgerinnsel gedacht werden.
Welche Untersuchungsverfahren werden eingesetzt?
Beim schlanken Patienten kann der geübte Untersucher zwischen Brustbein und Nabel eine pulsierende Kugel tasten. Praktisch alle Bauchaortenaneurysmen können mittels Ultraschall entdeckt und auch weiter kontrolliert werden. Bei der Erstuntersuchung und bei schlechten Untersuchungsbedingungen (Darmgasüberlagerung, sehr korpulente Patienten) ist eine Computertomographie (CT-Aortographie) erforderlich.
Behandlung
Wie wird die Erweiterung der Bauchschlagader behandelt?
Wird die Erweiterung der Bauchschlagader zufällig entdeckt, sind der Patient und oft auch der Untersucher schockiert. Doch die Erweiterung besteht aber in der Regel schon länger und ist erst jetzt bekannt geworden. Daher sollte Panik vermieden und die erweiterte Bauchschlagader vorerst einmal genau untersucht und vermessen werden, da sich die Behandlung der erkrankten Hauptschlagader nach der Größe und Ausdehnung der Veränderung richtet.
Die wichtigsten Risikofaktoren für diese Form der Arteriosklerose sind der hohe Blutdruck, Nikotin und Übergewicht sowie alle Formen der obstruktiven Lungenerkrankung (Asthma, chronischer Bronchialkatarrh). Unabhängig von Größe und Ausdehnung des Aneurysmas müssen diese Risikofaktoren behandelt werden. Allein durch konsequente Behandlung der Risikofaktoren kann eine Größenzunahme der Erweiterung zum Stillstand kommen und die operative Therapie überflüssig machen.
Operativ behandelt müssen alle Bauchaortenaneurysmen, die
einen maximalen Querdurchmesser von mehr als 5-5,5 cm aufweisen
pro Jahr um 0,5-1 cm im Querdurchmesser wachsen
Blutgerinnsel in die Beinschlagadern ausgeschwemmt haben
Schmerzen verursachen (besonders bei der Untersuchung)
und natürlich: jede Ruptur
Die Operation erfolgt entweder durch innere Schienung (Stent-Graftverfahren) oder mittels offener Operation (prothetischer Ersatz). Wegen der häufig beobachteten Begleiterkrankungen liegt das Operationsrisiko bei 2-5 % und ist bei sehr kranken Patienten in Einzelfall gegen das Individualrisiko durch das Aneurysma abzuwägen.
Details zu den Behandlungsprinzipien
Prinzip der Stentgraft-Operation:
Über zwei Leistenschnitte wird unter Röntgenkontrolle über einen fingerdicken Katheter ein selbstentfaltendes Gefäßprothesensystem (Stent-Graft) in die Bauchschlagader eingebracht und so positioniert, dass dieser als innere Schienung das Aneurysma vollständig ausschaltet und damit die Rupturgefahr beseitigt.
Vorteile: durch Wegfall des Bauchhöhleneingriffes besteht ein deutlich geringes Operationstrauma, der Eingriff kann auch in Regionalnarkose durchgeführt werden, der Spitalsaufenthalt beträgt nur wenige Tage.
Nachteile: aus anatomischen Gründen ist das Verfahren nicht bei allen Patienten anwendbar. Der Stentgraft kann auch noch nach Jahren in der Hauptschlagader verrutschen, wodurch das Aneurysma wieder durchströmt und neuerlich Rupturgefahr gegeben ist (sog. Endo-Leak). Deshalb müssen alle Stent-Graft Patienten regelmäßig nachkontrolliert werden.
Prinzip des offenen prothetischen Ersatzes:
Über einen Bauchschnitt wird das Aneurysma vollständig freigelegt und in diesen Bereich eine Y-förmige Gefäßprothese eingenäht (graft inclusion technique). Oft müssen die Prothesenschenkel bis zur Leiste verlegt und der Eingriff damit erweitert werden
Vorteile: sichere Aneurymaausschaltung, keine Nachsorge erforderlich
Nachteile: es handelt sich um einen großen Eingriff mit erhötem Risiko und deutlich längerer Rekonvaleszenz. Daher wird primär ein Stent-Graftverfahren angestrebt.